Myrièlle ist 21 Jahre alt und hat im Oktober 2017 ihr Zahnmedizinstudium an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg begonnen. Damit startet für sie ein neuer Lebensabschnitt in einer neuen Stadt mit neuen Freunden, neuen Tagesabläufen und vielen neuen Eindrücken. In mehreren Beiträgen schildert Myrièlle ihre Erfahrungen vom neuen Leben als Zahni.
Willkommen zum 2. Teil meines Beitrags zum mysteriösen Zahni-Koffer! Nachdem ich zuletzt ja darauf eingegangen bin, was dieser „Werkzeugkoffer“ enthalten sollte und wie hoch die Kosten dafür sind, geht es heute mit weiteren hilfreichen Tipps weiter.
Gebraucht oder neu?
Man kann den Koffer neu kaufen – die Dentaldepots (bei uns Henry Schein) orientieren sich dann an den Listen der Universitäten und stellen den Koffer für einen zusammen. Vorteile: Ihr habt alles aus erster Hand, ihr wisst, dass keines der Geräte irgendeinen Schaden hat und müsst keine angebrochenen Verbrauchsmaterialien (die haben alle ja auch ein Ablaufdatum) verwenden. Ihr zahlt allerdings deutlich mehr und erwerbt vorerst nur die Dinge für die vorklinischen Kurse. Den Rest für die Klinik müsst ihr dann später noch kaufen – was natürlich auch nochmal gut kosten kann (Stichwort Endodontologie).
Die meisten Studenten entscheiden sich daher für einen gebrauchten Koffer. Das Examenssemester verkauft jedes Jahr seine Materialien – da spart man natürlich und weiß, dass in diesem Koffer wirklich alles vorhanden ist, um die Kurse und das Examen an seiner Uni zu bestehen. Außerdem habt ihr dann einen direkten Ansprechpartner für Fragen aller Art. Angeboten werden die Koffer am schwarzen Brett oder – bei uns Heidelbergern zum Beispiel – auf Facebook in eigenen Kofferbörsen. Nehmt zu der Besichtigung auf jeden Fall die genauen Materiallisten mit. Manchmal bieten sich Studenten höherer Jahrgänge an, als „Kofferpaten“ mitzukommen, um die Koffer mit ihrem Wissen zu beurteilen. Bei gebrauchten Koffern solltet ihr die Tüchtigkeit der besonders teuren Teile genau prüfen! Für Hand- und Winkelstücke aus zweiter Hand könnt ihr auch nach einer Bescheinigung der Funktionstüchtigkeit fragen – ist ein Dental-Shop vor Ort (bei uns beispielsweise Funck Dental), kann der Verkäufer seine Geräte für euch testen lassen. Wäre ja auch ärgerlich (und vor allem unnötig teuer), wenn ihr im Kurs erst merkt, dass nicht alles ordnungsgemäß funktioniert.
Die Kosten für einen neuen Vorklinikkoffer liegen irgendwo zwischen 5000 und 6000 Euro. Die gebrauchten Koffer sind preislich natürlich nicht gebunden und variieren von Jahr zu Jahr. In der Regel sollte man da mit 3000 – 4000 Euro rechnen – da hat man allerdings dann auch die ganzen Sachen für den klinischen Studienabschnitt dabei. Weiteres Plus des gebrauchten Koffers: In der Zahnklinik wird es einen Dresscode geben – bei uns im Simulationsraum an den Phantomköpfen weiß, im Zahntechniklabor und im Gips- und Kunststoffraum blau. Viele Studenten geben beim Verkauf ihrer Sachen auch ihre Polos mit. Außerdem werdet ihr einen Spind an der Uni erhalten – wenn ihr Glück habt, hat eurer Kofferverkäufer ein Aufhängesystem oder ein passendes Regal für den Spind besorgt, dann könnt ihr das gleich mit übernehmen. 🙂
Kontakt zu älteren Studenten halten
Bleibt – falls ihr euren Koffer gebraucht erworben habt – unbedingt mit dem Verkäufer in Kontakt. Keiner kann euch eure Fragen so gut beantworten und euch mit nützlichem Insiderwissen ausstatten wie die, die die Kurse selbst erst kürzlich absolviert haben. Gerade am Anfang werdet ihr euch im Kurs sehr verloren fühlen (das praktische Studium ist wirklich ganz anders als die Theorie davor) und froh sein, auf jede Frage eine ehrliche Antwort bekommen zu können. Vernetzen mit Höhersemestrigen ist generell sehr wichtig – nicht nur in Bezug auf die praktischen Kurse, sondern auch was Themen wie Klausuren und Prüfungen betrifft. Also: Connectet fleißig und seid dann ebenso für den Jahrgang als Ansprechpartner da, der nach euch kommt.
Plant Zeit ein
Für den Kofferkauf solltet ihr euch unbedingt Zeit nehmen! Ihr habt wirklich nichts davon, wenn ihr überstürzt irgendwas erwerbt und euch erst während des Kurses mit den Instrumenten und Materialien auseinandersetzt. Zeit ist in den praktischen Kursen der limitierende Faktor – zwischen Abgaben, Testaten und Arbeitsanproben werdet ihr wirklich froh sein, wenn ihr ungefähr wisst, was wofür verwendet wird und wenn alle eure Sachen schon beschriftet sind. Nehmt euch also definitiv ein paar Tage, googelt die Teile des Koffers und markiert und sortiert alles.
Die Finanzierung
Alle oben genannten Preise sind natürlich nur Richtwerte und basieren auf meinen persönlichen Erfahrungen bei der Koffersuche. Bei eurer Uni kann das natürlich nochmal ganz anders aussehen! Aber so oder so: Zahnmedizin ist und bleibt ein leider sehr teurer Studiengang.
Aber umso besser, wenn ihr das weit im Voraus wisst und dementsprechend planen könnt! Nicht nur der Preis des Koffers variiert von Uni zu Uni, sondern auch der Zeitpunkt, an dem der erste praktische Kurs stattfindet – während der ZPK an vielen Unis direkt im ersten Semester stattfindet, war er bei uns in Heidelberg erst Mitte des vierten Semesters an der Reihe. Um zu erfahren, wann ihr mit der großen Investition zu rechnen habt und wie hoch die Kosten sein werden, fragt ihr am besten mal bei eurer Fachschaft nach. Auf den Fachschaftsseiten der verschiedenen Fakultäten finden sich ganz oft schon Infos – ansonsten beantworten sie sicher gerne eure Mails und helfen euch bei euren Fragen weiter. Generell lohnt es sich, sich frühzeitig mit dem Kofferkauf auseinander zu setzen.
Nicht jeder hat das Geld auf einen Schlag zusammen oder kann bei der Finanzierung komplett auf seine Eltern setzen. Arbeiten neben dem Studium klappt nur so mäßig gut – spätestens, wenn ihr den ganzen Tag in der Zahnklinik seid und neben der Lernerei noch ein wenig Freizeit haben wollt. Aber auch das ist eine individuelle Sache. Es gibt glücklicherweise auch immer mal wieder ein weniger volles Semester, in dem es sich nebenher auch etwas Jobben lässt. Vielleicht wisst ihr aber auch schon sehr früh, dass ihr genau das studieren wollt und könnt rechtzeitig anfangen, immer mal wieder Geld zu sparen. Neben der Aufnahme eines Studienkredites gibt es natürlich noch die Möglichkeit, sich für ein Stipendium zu bewerben. Dazu kommt aber noch ein gesonderter Artikel. 🙂
Wenn Zahnmedizin eurer Traum ist, dann kann ich nur sagen: Go for it! Die Finanzierung lässt sich schon irgendwie regeln. Und alles andere fügt sich dann auch. 🙂
Kleine Anmerkung zum Schluss: Ende letzten Jahres wurde einer neuen Approbationsordnung für das Zahnmedizinstudium zugestimmt. Wie genau sich diese auf den Kauf des Zahni-Koffers auswirkt, lässt sich natürlich noch nicht sagen. In meinen Ausführungen (gerade was den zeitlichen Ablauf des Studiums betrifft) beziehe ich mich daher auf den derzeitigen Stand des Studienablaufes.