Angelina Bockelbrink ist promovierte Medizinerin, Epidemiologin, Dozentin und Autorin. Sie hat viele Jahre in der universitären Wissenschaft gearbeitet, gelehrt und Doktoranden betreut. Als ganzheitlicher Wissenschaftscoach unterstützt und begleitet sie MedizinerInnen beim Einstieg ins wissenschaftliche Arbeiten und Schreiben.
In den einschlägigen Foren lese ich regelmäßig Fragen zur Machbarkeit oder Sinnhaftigkeit ganz konkreter Doktorarbeiten. Oft werden diese Fragen eingeleitet mit der Feststellung, dass man vergessen habe, das im Erstgespräch mit dem potenziellen Doktorvater / der potenziellen Doktormutter zu klären. Deshalb möchte ich dir hier einen Leitfaden geben, welche Themen, du unbedingt vor dem Beginn einer Doktorarbeit klären solltest.
Formale Voraussetzungen
Wenn nun also die Entscheidung gefallen ist, eine Doktorarbeit schreiben zu wollen, ist es sicher eine gute Idee, sich zuerst einmal beim Promotionsbüro zu informieren. Das Promotionsbüro fast jeder Uni hat einen eigenen Internetauftritt, wo man zumindest die Promotionsordnung und die entsprechenden Formulare für die Anmeldung einer Promotion einsehen kann.
Die Anmeldung einer Promotion ist meist nicht von Beginn an notwendig. Inzwischen gibt es jedoch an einigen Hochschulen Bestrebungen alle begonnenen Doktorarbeiten zu erfassen. Bislang geschieht das nicht systematisch, was bedeutet, dass man zwar sehr gut weiß, wie viele Doktortitel tatsächlich vergeben werden, aber keinen Überblick hat wie viele Doktorarbeiten in einer Fakultät begonnen und möglicherweise wieder abgebrochen werden.
Wenn man an einer Hochschule promovieren möchte, die versucht jede Doktorarbeit zu erfassen, sollte man sein Thema unbedingt anmelden und sich auf keinen anderen Deal einlassen. Zielsetzung ist hier die Qualitätssicherung in der Doktorandenbetreuung. Und gerade in der Medizin ist hier sicher noch einiges zu tun!
Fragen an den Doktorvater / die Doktormutter
Wenn du dich für ein Thema, eine Arbeitsgruppe oder eine ganz konkret ausgeschriebene Arbeit interessiert, solltest du einen Termin mit einem möglichen Betreuer, mit der angegebenen Kontaktperson oder mit dem möglichen Doktorvater / der Doktormutter ausmachen.
Dieser Termin ist ein Vorstellungsgespräch, bei dem beide Seiten die Möglichkeit haben sich kennenzulernen und festzustellen, ob man sich die Zusammenarbeit vorstellen kann. Manchmal teilt der mögliche Doktorvater schon bei der Terminvereinbarung mit, welche Unterlagen der potenzielle Doktorand mitbringen soll. Oft sind diese Erstgespräche aber eher informell und recht unverbindlich.
Damit du aus einem solchen Gespräch zufrieden rausgehst und eine gute Entscheidungsgrundlage bilden kannst, solltest du dich vorbereiten und wissen, welche Fragen du unbedingt klären möchtest. Natürlich sind die Fragen unterschiedlich, je nachdem, mit wem du das Gespräch führst und wieviel du vielleicht schon über die Inhalte, die Arbeitsgruppe oder sogar deinen Gegenüber weißt.
Zwei wichtige Bereiche: Das Forschungsthema und die Betreuung
Zum Thema solltest du dir unbedingt einen Überblick verschaffen: Also über den Stand der Arbeiten bzw. Vorarbeiten, über die für dich vorgesehenen Tätigkeiten, über die konkrete Forschungsfrage, die du bearbeiten sollst, über die Einbindung deines Themas in den gesamten Themenkomplex und damit über deine Einbindung ins Forschungsteam (wenn es ein solches gibt).
Frag unbedingt nach dem Zeitplan und nach anderen Doktoranden. Wie lassen sich die zu bearbeiteten Fragestellungen der einzelnen Doktoranden abgrenzen? Soll evtl. auch eine Habilitation erstellt werden? Gibt es schon Pläne für die Publikation der Studienergebnisse in einer Fachzeitschrift? Und wie ist das mit der Finanzierung der Studie? Auch wenn du nachher nicht alles behalten hast und vermutlich immer noch nicht alles verstanden hast, kannst du aus der Art der Antworten sehr viel ableiten. Je konkreter und eindeutiger du Auskunft zu den Fragen bekommst, desto konkreter ist auch die Planung der Studie, was ein gutes Indiz für die Machbarkeit darstellt. Falls dir dein Betreuer einen Zeitplan für deine Promotion mitteilen kann, ist das natürlich nur als grobe Richtlinie zu verstehen, aber es ist trotzdem wichtig, dass man eben das Ziel nicht aus den Augen verliert.
Außerdem kannst du entscheiden, ob die angedachten Tätigkeiten mit deinem Gewissen vereinbar sind. Natürlich gibt es Ethikkommissionen und Datenschützer. Diese können dir aber nicht die Entscheidung abnehmen, ob du gewillt bist menschliche Leichenteile zu präparieren, Mäuse zu töten, an einer Gendatenbank mitzuarbeiten, gesunden Probanden Blut abzunehmen… Du solltest dir über deine eigene Haltung unbedingt Klarheit verschaffen, weil sonst möglicherweise unnötige Schwierigkeiten und Reibereien entstehen.
Ein besonders wichtiger Aspekt für jeden Doktoranden, der nicht selten über Erfolg oder Misserfolg einer Doktorarbeit entscheidet, ist die Qualität der Betreuung. Also kläre alles, was du dazu wissen möchtest so früh wie möglich. Wenn du mit dem Doktorvater sprichst, frage ihn nach dem Betreuer. Wer ist dein direkter Ansprechpartner? Lerne diesen vorab kennen. Kläre die Erreichbarkeit. Welche Art der Kontaktaufnahmen ist gewünscht? Wieviele Doktoranden soll die eine Betreuerin betreuen? Wie, wann und wo ist der Doktorvater / die Doktormutter für dich zu erreichen? Auch wenn du dein Gespräch direkt mit dem Betreuer hast, stelle diese Fragen. Frage mit wem du im Labor, auf Station, im Studienzentrum zusammenarbeiten wirst und lerne all diese Personen möglichst vorher kennen.
Auswählen, aber wie?
Je umfassender dein Eindruck von den Inhalten und den beteiligten Menschen ist, desto verlässlicher ist deine Entscheidungsgrundlage. Wenn du einen positiven Eindruck vom Team und dem Doktorvater / der Doktormutter gewonnen hast, fühlt sich die Entscheidung für eine bestimmte Arbeit vermutlich viel richtiger und stimmiger an, als wenn jemand bei dir falsch oder von Grund auf unsympathisch ankommt. Wie bei allen Entscheidungen darfst du auch hier deiner inneren Stimme, deiner Intuition gewissen Raum geben. Damit sie gut funktionieren kann, benötigt sie allerdings eine Grundlage, die du durch eine intensive Kennenlernphase schaffen kannst. Idealerweise hast du dann eine klare und eindeutige Tendenz von Vernunft und Intuition.
Wenn du das ein oder andere Thema beim Kennenlerngespräch vergessen hast, kannst du immer nochmal nachhaken, vielleicht persönlich oder per E-Mail. Oder du verlässt dich einfach darauf, dass es sich schon noch klären wird. Und vergiss dabei nicht, dass du nie absolute Sicherheit bekommen wirst, dass alles passt. Die Doktorarbeit ist immer auch ein gewisses Abenteuer. Lass dich darauf ein!
Bilder: pixabay.com
Toller Bericht! Ja genau das Problem haben viele die passende Doktorarbeit zu finden. In meinem Bekanntenkreis suchen einige schon mehrere Jahre nach einer passenden Arbeit, …und irgendwann sagt man sich „es geht auch ohne“.
Vielen Dank für die Rückmeldung. Und ja, es geht tatsächlich ohne Doktorarbeit/-titel UND die Chance ist auch noch nicht vertan.
Ich finde, dass es sehr gute Gründe für einen späteren Beginn gibt.
Tolle Rubrik und super Tipps! Fand ich damals extrem schwierig eine passende Doktorarbeit zu finden, bei der vor allem die Betreuung stimmt.
Liebe Grüße